Pilgrimage under one hat - on the way with Sandra
Bavarian Swabian Way of St. James
Stage 11: From Bad Wörishofen to Markt Rettenbach - 22.6 km
Begleite mich im heißen August auf eine Kurzetappe von Olching über Emmering nach Fürstenfeldbruck zum Kloster Fürstenfeld, lerne den gemeinen Pilgerpendler kennen, genieße ein Sonnenblumenshooting und einen unerwarteten Handwerkermarkt auf dem Klostergelände.
Wetterlage: ein heiteres Hochdruckgebiet hat Himmelshoheit
Samstag, 14.08.2021
Die drei Fragezeichen heute morgen:
Wird es nicht zu heiß? Hab ich genug Wasser mit? Wird es sicher nicht zu heiß?
It's summertime. Ich habe ehrlich gesagt mal wieder keine Ahnung, was mich erwartet, trotz der Hitzeerfahrungen aus dem Vorjahr im Nacken. Also werde ich pragmatisch an die Beantwortung dieser Fragen herangehen und zwar erst, nachdem ich diese Tour gemacht habe. Wobei mein Vorhaben heute wahrscheinlich nicht mal das Prädikat "Tour" verdient, denn schließlich ist das mehr ein Spaziergang, als alles andere. Ich will jetzt nicht angeben und sagen, die paar Meter könnte ich auf einem Bein hüpfen. Aber fast. Und Wasser?
Gibt es zur Abkühlung zu genüge sowohl im Mühlbach und der Amper, als auch in Gaststätten und Geschäften unterwegs zu kaufen.
Startpunkt ist heute der Mühlbach, genauer gesagt eine Fußgängerbrücke in Olching von der das Foto auf die Olchinger Skyline, siehe oben, aufgenommen ist. In meinem Rücken, ca. 50 Meter entfernt, befindet sich eine weitere Brücke, allerdings ein massiveres Bauwerk für die S-Bahn, Linie S3, die nicht weit von hier am Olchinger Bahnhof hält. Würde ich um180 Grad schwenken, hätte ich statt beschaulichem Flusspanorama eine solide, hässliche Schallmauer und viel Beton auf dem Display. Hab ich mir aber gespart. Weil ich logischerweise lieber die blumigen Seiten hier zeige. Aber für mehr Mobilität gehört die S-Bahntrasse eben auch zum Stadtbild, denn die Leute wollen ja mit der Bahn nach München pendeln.
Ich möchte heute ebenfalls pendeln, wenn auch nicht mit der Bahn. Zu Fuß zum Kloster Fürstenfeld und zurück mit dem Bus. Also bin ich heute ein Pilgerpendler. Oder ein Pendelpilger? Als alter Neologismusfan bin ich mir sicher, dass sich eine dieser beiden Neukreationen bestimmt in den Top Ten der neuen Wortschöpfungen des Jahres 2021 etablieren wird.
Bedeutung : Eine TagespilgerIn der/die in Coronazeiten ohne faktische, touristische Übernachtungsmöglichkeiten gezwungen ist zum Ausgangsort zurückzukehren
Sehenswürdigkeiten am Wegesrand
Ich habe mir, wie eigentlich immer, zur Sicherheit die Streckentracks zum Kloster Fürstenfeld aufs Handy geladen, denn obwohl ich mich auf dem offiziellen Zubringern zum Münchner Jakobsweg befinde, gibt es weit und breit kein Schild mit Jakobsmuschel. Ich begleite den Lauf des Mühlbachs nur kurz, wende mich dann dem Sportgelände des SC Olching zu und folge dem Weg durch den Wald. Anschließend überquere ich eine Fußgängerbrücke über die Amper, die an dieser Stelle in einigem Abstand relativ parallel zum Mühlbach fließt. Bald komme ich in Esting an der Schloßstraße raus, die nicht zufällig diesen Namen trägt. Das Estinger Schloss mit seinem kleinen weißen Zwiebeltürmchen und dem langestreckten Gebäude mit rotem Satteldach erinnert mich nicht unbedingt an ein Prinzessinnenschloss. Es ist aber ein hübsches Gebäude aus dem 12. Jahrhundert, das heute unter Denkmalschutz steht und hat es deshalb auch als Titelfoto oben auf diese Seite geschafft
Hier seht ihr die ebenfalls schneeweiß getünchte Kirche St. Stephanus in Esting. Sie wurde im ersten Viertel des 13. Jahrhundert errichtet und steht ebenfalls unter Denkmalschutz.
Nachdem ich die Estinger Denkmäler bewundert habe, geht es durch bereits abgeerntete Felder in Richtung des nächsten Ortes: Emmering. Die Sonne brennt mir schon ordentlich auf meinen Pilgerhut, aber ich bin sehr guter Dinge und marschiere pfeifend durch die bayerische Prärie. Unverhofft treffe ich auf eine Ansammlung von Sonnenblumen am Wegesrand, die mich sofort einladen, mit Ihnen eine Fotoorgie zu feiern. Dafür kann ich mich ja total begeistern. Ich hätte noch mehr schmucke Fotos zum hochladen, habe mich dann aber zurückgehalten. Ich betreibe ja weder einen Sonnenblumenblog noch ein Biologiestudium, Schwerpunkt Botanik.
Pretty in yellow
Nachdem ich mich an den Sonnenblumen satt fotografiert habe, geht es weiter. Ich streife Emmering und tauche schnell ein in das Emmeringer Hölzl, ein von der Amper und mehreren Nebenarmen durchzogenes Waldgebiet. Obwohl das Hölzl mitten im bebauten Bereich der Ortschaft Emmering liegt, kann die Amper hier noch wie ein Wildfluss fließen. Es ist herrlich schattig, und ich mache eine erste längere Trinkpause auf einer einladenden Bank, neben der fließenden Amper. Es ist schön hier. Ruhig, bis auf die zwitschernden Vögel und die sanfte Wassermelodie. Ein Moment zum abschalten und genießen.
Drei boarische Buam
Bis, ja bis drei junge, laute, noch unsichtbare männliche Stimmen die ungemein friedliche Idylle stören. Der Dezibelpegel schwillt langsam an, und ich warte schon gespannt darauf, dass sie sich bald in meiner Nähe materialisieren werden. Ich werde nicht enttäuscht. Kurz darauf brechen sie dann auch, sich annähernd wie drei wilde Eber, durch's Unterhölzle, grüßen mich verdutzt blickende Frau freundlich auf meiner Bank und ziehen dann weiter lärmend an mir vorbei. Sehr wahrscheinlich sind sie auch auf einer Wanderung, Kleidung und Rucksack prädestinieren sie in meinen Augen dazu.
Ich, Sherlock ohne Mission, folge den dreien mit genügend Abstand und gänzliche ohne Lauschambitionen, komme aber trotzdem in den Genuss die nächsten zehn Minuten ihre Unterhaltung mitzuhören. Mit erstaunlich lauten Organen posaunen sie durch den Wald, dass sie heute 30 Kilometer bis zum Kloster Andechs gehen werden. Ich bin mir nicht sicher, welche Tiere sie genau damit beeindrucken wollen, oder was der ursprüngliche Beweggrund ihrer Fußreise ist, jedenfalls freuen sich zwei der drei Kumpane in Gockelmanier schon jetzt -ungefähr noch 25 Kilometer vom Ziel entfernt - auf eine ausgiebige Belohnung für die Wanderstrapazen in Form einiger Maß Bier im Andechser Klosterbiergarten. Sie schwadronieren über ihre ehrenhafte Ankunft und ihre außerordentliche Trinkkondition. Nur der Dritte sagt deutlich , dass er heute keinen Alkohol trinken will, worauf seine beiden Spezls auf ihn einreden.
"Ja, Herrschaftszeiten, Maxi! Bist' denn narrisch worn? Trinkst halt zwoa Hoibe mit!"
"Wos für a Depp" denkt meine innere Stimme auf bayrisch mit und ich höre, dass der Maxi zumindest hier im Wald standhaft bleibt.
"Naaa, I bleib heid niachtan!".
"Ah, geeeh, Maaaaaxi! I lod di ei". Kurze Pause. "Naaaa. Heid net."
Ich wünsche dem Maxibuam auch für den Nachmittag im Klostergarten genügend Selbstdisziplin, habe aber so meine Zweifel, ob er, nach 25 Kilometer Blumenkohlgelaber an der Backe, seinen Standpunkt noch durchziehen kann.
Irgendwann verschluckt der Wald die drei Kerle und spuckt sie auch nicht wieder in Sichtweite aus, dafür aber mich kurz danach am Ortsrand von Fürstenfeldbruck. Noch keinen einzigen Jakobsmuschelwegweiser habe ich gesehen. Echt schade.
Kreisstadtimpressionen
Ein paar Hundert Schritte und ich befinde mich im quirligen Zentrum von Fürstenfeldbruck auf der Hauptstraße, Kreisstadt mit 34.0000 Einwohnern. Schön ist für meinen Geschmack anders. Auch das Shoppingerlebnis hat durchaus enge Grenzen. Aber einige der restaurierten Gebäude haben für Liebhaber sicherlich ihre optischen Reize und lassen imaginäre Abschweifungen in längst vergangene Zeiten zu. In Zeiten, als die Hauptstraße noch kein lärmendes Verkehrschaos war, dort noch der Markt stattfand und man ungestört auf der Straße spazieren konnte. Auch das Alte Rathaus, welches heute als Standesamt genutzt wird, besticht durch seine historische Fassade.
Ans Zentrum schliesst sich diese Brücke über die Amper an. Das Geländer hat sich den wuchernden Pflanzen unterworfen, genauso wie die Straßenlaterne, die in einer Rankpflanzensymbiose lebt. An der Kirche orientiert man sich rechts und erreicht das nördliche Ende des Stadtparks. Dort befindet sich tatsächlich unglaublicherweise dieser Jakobsweghinweis oberhalb eines Stadtplanes.
Es ist nicht mehr weit bis zum Kloster, meinem heutigen Ziel, nicht mal mehr einen Kilometer. Ich kann es schon von weitem sehen. Auch von der Rückseite sieht die Klosterkirche ziemlich imposant aus.
Ich schleiche mich einmal außen rum zum Seiteneingang, wo ich glatt ein weiteres Muschelschild entdecke, während ich in der Schlange warte, um aufs Gelände zu kommen. Die Coronaregeln lassen grüßen. Was ist denn hier heute los? Mir war ja klar, dass das Kloster inclusive Gastronomie bei diesem Wetter ein Ausflugsmagnet sein würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet auf eine größere Menschenansammlung zu treffen.
Markt am Kloster Fürstenfeld
Auf der Wiese im Innenhof des Klosters ist eine kleine weiße Zeltstadt aufgebaut, wo Händler ihre Waren feil bieten. Hier findet heute ein Handwerkermarkt statt. Es gibt alles, was vornehmlich das Damenherz begehrt: Schmuck, Porzellan und Deko für den Garten. Dazu duftet es nach Bratwürsten und gebrannten Mandeln. Eigentlich freue ich mich nach so langer Zeit mal wieder einen Marktveranstaltung im Freien besuchen zu können, aber mir qualmen die Socken ganz schön, und ich ziehe es erstmal vor ins Innere der Klosterkirche zu schauen, um der Hitze zu entgehen.
Ich muss mir dringend angewöhnen eine Maske in der Hosentasche zu deponieren. Das Gekrame im Rucksack danach ist lästig. Endlich finde ich sie und trete ein ins kühle, imposante Innere dieses prunkvollen Gebäudes.
St. Mariä Himmelfahrt ist eine barocke Klosterkirche und die dazugehörige Geschichte interessant.
1256 ließ der bayerische Herzog Ludwig II. „der Strenge“ seine Gemahlin Maria von Brabant wegen vermeintlicher Untreue in der Nähe hinrichten. 1263 gründeten Zisterzienser auf dem „Feld des Fürsten“ dieses Kloster als Sühneleistung, die dem Herzog für sein Verbrechen vom Papst auferlegt wurde. Der Stifter und sein Sohn, der spätere Kaiser Ludwig der Bayer, statteten es reich aus. Viele Jahre später nach Wirren und Kriegen ,wurde 1691 der Grundstein für die heutige barocke Klosteranlage gelegt, 1700 folgte der Baubeginn der Kirche.Das Kloster Fürstenfeld wurde 1803 aufgehoben.
Das Areal ist nach aufwendiger Restaurierung heute ein Ort der Kunst, Kultur und Veranstaltung, wie ich ja selbst gerade erleben kann. Zu meinem Bedauern finde ich in der Kirche keinen Pilgerstempel, aber ich werde mein Glück im Klosterladen auf der anderen Seite der Anlage versuchen (und auch finden!). Als ich etwas später mit der Stempelverwalterin dort ein kleines Pläuschchen halte, erfahre ich , dass mindestens drei Monate niemand mehr da war und nach einem Stempel verlangt hat. Das wundert mich nicht, da die Zubringerroute ja nicht besonders frequentiert ist, aber dennoch finde ich es schade.
Ich schlendere im Anschluss über den Markt und bewundere die Kreativität anderer Menschen. Verzichte jedoch darauf etwas käuflich zu erwerben, denn das müsste ich entweder im Rucksack oder den Händen mit mir herumtragen und da habe ich gerade keine Lust zu.
Nach einer ausgiebigen Pause mit ordentlicher Stärkung, werde ich tatsächlich zum Pilgerpendler. Ich gehe ein Stück zurück zum Busbahnhof und nehme einen Bus zurück nach Hause. Ein absolut gelungener Tag.
Da war doch noch was...., oder? Ja natürlich. Ein paar Antworten bin ich ja noch schuldig:
1. Doch, es war zu heiß. War das nicht schon vorher klar?
2. Ja, war genug Wasser dabei heute. Auch diese Antwort war zu erwarten.
3. Doch. Und überhaupt - wo ist der Unterschied zur ersten Frage? Hab ich doch schon gesagt!
Infos zur Etappe:
Den Pilgerstempel gibt es im Klosterlädchen Fürstenfeldbruck